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Ist denn schon Krieg? Oder: Keiner hat’s gemerkt …

 

Früher hieß es: Was wäre, wenn Krieg ist und keiner ginge hin? Aber was wäre, wenn Krieg ist und keiner es merkte? Aber wie sollte das denn gehen? Wenn Krieg wäre, dann würden wir es doch alle erfahren und merken. Aber was ist, wenn der Krieg längst ausgebrochen wäre, wenn wir längst nicht mehr Herr oder Frau der Lage wären? Wenn der Feind längst bei uns im Bett läge, wir es aber nicht merkten?

 

Das könnte mir nicht passieren. Ich würde auf alle Fälle merken, wenn mir so etwas passieren würde. Ich würde merken, wenn etwas nicht stimmte, wenn mir die Sache aus dem Ruder liefe, mir über den Kopf wächst oder wenn sich die Dinge gegen mich wenden würden. Das könnte mir auf keinen Fall passieren. Das, was meinem Kollegen, meinem Nachbarn, meinem Freund oder meinem Feind passiert ist. Das würde ich merken – oder nicht?

 

Crazy. Irre Geschichte. Hat er das nicht gemerkt?

 

Kann ich mir nicht vorstellen. Na ja, seine Schuld war es jetzt auch nicht – nicht direkt. Kann man so nicht sagen, das wäre unfair und würde der Situation auch nicht gerecht werden. Aber ganz unbeteiligt war er auch nicht. Er hätte es ja noch rechtzeitig ändern können, damals. War ja eigentlich abzusehen.

 

Irgendwann ist auch ihm sicher das Licht aufgegangen. Man hätte es sehen können, die anderen haben es ja auch gesehen, war eigentlich nicht zu übersehen. Wetterleuchten. Anzeichen gab es schließlich reichlich. Hätte man sich auch zusammenreimen können - wenn man gewollt hätte.

 

Wollte er wohl nicht. Geht mich auch nichts an. Er ist ja alt genug. Und irgendwer wird es ihm sicher auch gesteckt haben. Wie auch immer, mir würde das nicht passieren. Auf keinen Fall. Oder doch?

 

Nein, ich habe mein Leben im Griff. Immer schon. Schwierigkeiten sind dazu da, sie zu lösen. Herausforderungen gehören zum Leben.

 

Alles andere kommt danach. Wenn alles vorbei ist, dann wird gelebt. Dann geht es los. In fünf Jahren, dann ist es so weit. Dann habe ich alles erreicht, was ich mir vorgestellt habe. Dann starte ich noch mal neu durch, dann ändere ich alles, dann mache ich alles noch mal besser, anders und von vorne.

 

In fünf Jahren, dann kriege ich neues Leben. Das reicht noch. Dann bin ich noch jung genug. Fünf Jahre, die halte ich auch noch durch. Nur weiterdrehen sollte sich die Welt bis dahin nicht, zumindest keine großen Veränderungen oder unerwartet große Ereignisse. So was wie Kriege, Pandemien oder Naturkatastrophen.

 

Wenn die Welt schön an ihrem Platz bleibt, dann wird es schon klappen. Bis dahin heißt es: durchhalten und Zähne zusammenbeißen. Klingt doch nach einem guten Plan oder?